Das größte Bedürfnis der Gemeinde ist nicht ein neues Programm, nicht mehr Aktivität – sondern ein neues und anhaltendes Wirken des Heiligen Geistes. Wir brauchen keine äußeren Impulse, sondern eine tiefe innere Erneuerung. Wer zu dieser Überzeugung gelangt, stellt sich irgendwann die Frage:
Woran erkenne ich, ob diese Überzeugung echt ist? Gibt es sichtbare Zeichen dafür, dass ich tatsächlich von dieser Notwendigkeit durchdrungen bin? Wenn jemand im Gebet verweilt, hat er „es begriffen“. Tatsächlich bin ich überzeugt: Nur wer beständig im Gebet ist, hat diese innere Überzeugung wirklich verstanden. Denn seine Gebete bezeugen den Glauben, dass allein Gott durch das Wirken des Heiligen Geistes neues Leben schenken kann – und will.
Wer sich danach sehnt, dass Gott sich durch das Evangelium in unserer Zeit erneut verherrlicht, wird ein Mensch des Gebets sein. Je tiefer unsere Erkenntnis von unserer Abhängigkeit vom Heiligen Geist, desto größer wird unsere Hingabe im Gebet sein.
Beispiele aus dem Lukasevangelium zeigen das eindrücklich:
- Lk 9,18–20: Bevor Petrus bekennt, dass Jesus der Christus ist, betet Jesus allein.
- Lk 9,28–36: Auf dem Berg der Verklärung betet Jesus – und Gottes Stimme offenbart die Herrlichkeit seines Sohnes.
- Lk 3,21–22: Bei der Taufe Jesu betet er – daraufhin öffnet sich der Himmel, der Geist kommt, und die Stimme des Vaters ertönt.
- Lk 2,25–38: Simeon und Hanna – erfüllt vom Heiligen Geist – erkennen im Gebet den Messias.
Diese vier Begebenheiten zeigen uns: Wer durch den Heiligen Geist erkennt, wer Jesus ist, der wird ein Mensch des Gebets sein. Geistgewirktes Gebet ist kein Beweis von Frömmigkeit – es ist Ausdruck geistlichen Lebens.
Echte geistliche Erneuerung führt unweigerlich zu einem neuen Verlangen nach dem Wort Gottes. Wer den Heiligen Geist wirklich sucht, wird nicht nur beten, sondern sich auch dem Wort Gottes aussetzen wollen – und zwar kompromisslos. Wenn eine Gemeinde erkennt, was sie wirklich braucht, wird sie sich nicht mit oberflächlicher Verkündigung zufriedengeben. Sie wird sich sehnen nach klarer, bibeltreuer und vom Geist inspirierter Predigt.
Gebet und Wort gehören untrennbar zusammen. Sie sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben geistlichen Münze. Der Geist Gottes wirkt durch das Wort Gottes – niemals gegen es, niemals ohne es. Deshalb ist es eine gefährliche Täuschung zu behaupten, eine Gemeinde müsse sich entweder auf das Wort oder auf den Geist konzentrieren.
In Hebräer 3,7 lesen wir: „Darum, wie der Heilige Geist spricht ...“ Das ist kein Rückblick auf eine vergessene Vergangenheit – das ist ein Gegenwartswort! Der Autor zitiert Psalm 95, aber er schreibt nicht: „Wie die Schrift sagt“, sondern „wie der Heilige Geist spricht“. Präsens. Aktuell. Gegenwärtig. Das bedeutet: Der Heilige Geist spricht heute – durch das geschriebene Wort Gottes. „Wenn du hören willst, wie Gott heute zu dir spricht, dann lies die Bibel laut.“ (John Piper)
Ich teile diese Überzeugung: Die Stimme des Geistes und das geschriebene Wort sind untrennbar verbunden. Wer den Heiligen Geist sucht, wird sich dem Wort hingeben. Und wer das Wort Gottes ehrt, wird auf das Reden des Geistes achten.
Gebet – der Weg, auf dem Gottes Wille geschieht
Paulus schreibt in 1. Timotheus 2,1:„Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen.“
Gebet ist kein frommes Beiwerk. Es ist das erste – nicht das letzte. Gebet hat schöpferische Kraft. Es ruft Dinge ins Dasein, die noch nicht sichtbar sind. Es ist der Weg, wie Gottes Wille auf Erden geschieht – durch uns. Gebet ist keine leichte Aufgabe – es kostet Überwindung, Konzentration, Treue und Ausdauer. Aber es ist der Ort, an dem wir mit Gott zusammenarbeiten. Wir repräsentieren Ihn auf Erden – und machen Ihn durch unser Gebet sichtbar.
Jesus selbst ist unser Vorbild: Seine Gebete waren zielgerichtet, geistgeleitet und auf den Willen des Vaters ausgerichtet. In Johannes 17 betet er für seine Jünger – und für alle, die durch ihr Wort zum Glauben kommen werden. Auch die Apostel lebten im Bewusstsein: Der Dienst beginnt mit Gebet. Alles andere folgt daraus.
Wenn wir sagen: „Heiliger Geist, ich brauche dich“ – meinen wir es auch ernst? Strecken wir uns nach ihm aus? Wenn wir vom Geist geleitet werden wollen, müssen wir lernen, in geistlicher Realität zu leben. Dann werden wir erleben, wie Übernatürliches geschieht, wie Menschen frei werden, wie Gott sich verherrlicht. Diese Überzeugung ist neu in mein Herz gedrungen:
Wir brauchen das ständige Wirken des Heiligen Geistes, und wir müssen uns ganz dem Gebet und der Verkündigung des Wortes hingeben. Ich sehe in meinem eigenen Leben, wie das Gebet und das Wort Gottes zunehmend sichtbare Frucht bringen. Und genau das wünsche ich auch dir – und uns als Gemeinde.
Helmut Germann
27.07.25